Trouble Aboard!

 

 

 

 

ORT: somewhere in space

ZEIT: somewhere in time

"Kym, würdest du bitte etwas mehr Schub aus Deinem Turbo 'rausholen und diesen kleinen Wüstenplaneten anfliegen, und zwar schleunigst?"

"Wieso, hast du da etwa eine dringende Verabredung?" - "Das geht dich erstens einen feuchten Kehricht an und zweitens geht mir allmählich die Energie aus. Ich hoffe, Du erinnerst Dich noch, daß wir auch mit diesen Wunderwerken modernster Technik gelegentlich mal zum Auftanken landen müssen. Und genau das habe ich jetzt mit der HAWKE vor." –

"Hätten unsere Freunde ja auch dran denken können, als sie die Dinger entworfen haben. Wenn ich schon irgendwas in so 'n Maschinchen einbaue, womit ich quasi aus einem Fingerhut Sand Energie für 'nen Monat Flugzeit gewinnen kann, dann sorge ich doch auch dafür, daß ich mir am nächsten Sandstrand 'nen Beutel Sand einpacken und dann von der Kabine aus nachtanken kann. Aber nein, wir müssen die Geräte auf einem genügend großen Stück Land, wo es genug Sand gibt, parken, und sie bedienen sich dann selber - also, ich weiß nicht. Hast Du das Prinzip eigentlich kapiert?"

"Nö, aber es hat uns ja auch keiner so richtig erklären wollen. Ist ja auch egal, mit der SALLY und der HAWKE sind wir jedenfalls rein technisch einer kolonialen Viper mindestens ebenbürtig, und außerdem sind wir schließlich zu Klassepiloten ausgebildet worden. Und wenn's mal irgendwo scheppert, dann kann uns der Computer immer noch erzählen, was wir wo auswechseln oder Anklemmen sollen. Reicht doch völlig für den Haus- und Gartengebrauch."

"Du gehst mir auf den Geist mit Deinen ständigen Geschichten von den Kolonien." - "Von denen auch Deine Leute mal gekommen sind!"

"Aber das ist ewig her. Und seit der Kontakt zu den Kolonien abgebrochen ist, bist Du auch die einzige, der ihnen noch groß nachweint. Wir haben doch auch ohne die Kolonien ganz gut gelebt, und Du bist doch auch schon mit 15 von Caprica weg. Ich weiß gar nicht, was Du willst, Sky. Aber irgendwann möchte ich schon mal so eine Viper sehen, wenn die Dinger wirklich sooo toll sind, wie Du immer behauptest."

"Sind sie. Bloß sind sie ein bißchen eng. Und unser Autopilot ist leistungsfähiger. Und das Prinzip der Energiegewinnung natürlich. Was ist, landen wir sofort, oder machen wir noch eine Rundumtour? Dazu reicht der Saft bei mir gerade noch."

"Dann bin ich dafür, daß wir erst noch mal mit eingeschalteten Tastern den Planeten umrunden. Ich möchte ungern noch mal von diesen Blechköpfen überrascht werden."

Die beiden schlanken Raumschiffe mit den deltaförmigen Tragflächen gingen in eine niedrige Umlaufbahn um den Planeten.

"Du, Kym, ich habe was auf meinem Metalltaster - siehst Du's auch?" – "Ja, laß' uns mal tiefer gehen. Der Masse nach kann das zwar kaum ein mittlerer Schrotthaufen sein, aber was soll's. Hier würde doch höchsten einer notlanden, und mehr als einer kann das nicht sein. Wo wir landen, ist schließlich egal, und einer wird uns wohl kaum gefährlich werden."

Die beiden Raumer zogen eine weite Schleife und landeten weich in der Nähe der angemessenen Metallmasse. Ohne daß die Pilotinnen es gemerkt hätten, wurde ihre Landung beobachtet.

Der Beobachter hatte ihren Anflug bemerkt und die Landung hinter einer der vielen Sanddünen verborgen beobachtet. erstaunt betrachtete er die beiden Raumschiffe. Er hatte nicht einem derartigen Besuch auf seinem Planeten gerechnet, und er kannte zu seinem noch grösserem Erstaunen nicht einmal den Raumschifftyp. Auch ihn erinnerten sie an Vipers, wenn der Pilot dieser Maschinen auch seiner Meinung nach mehr Platz haben müßten, da der Rumpfumfang hier beinahe doppelt so groß war und der Pilot offensichtlich das Schiff durch eine Luke an der Seite, knapp vor den Tragflächen verlassen mußte

Gerade noch konnte der unbekannte Beobachter feststellen, daß auf dem Rumpf der einen Maschine "HAWKE" und auf dem der anderen "SALAMANCA" in capricanischen Schriftzeichen stand, als sich auch schon die Ausstiegsluken der Schiffe öffneten und aus jeder eine langhaarige, blonde Frau stieg, beide in enge Hosen und Blusen gekleidet, die eine ganz in Schwarz, die andere ganz in Weiß. Der unbekannte Beobachter entschied anhand dieses Anblicks, daß ihm von dieser Seite keine Gefahr drohe und beschloß, sich bald zu zeigen.

"Siehste, Sky, ich habe Dir doch gesagt, daß es ein Schrotthaufen ist!" - "Klar, sehe ich auch, aber das sieht weniger nach einem Wrack aus als nach einem systematisch auseinandergebastelten Raumschiff -und das muß ja wohl jemand auseinandergebastelt haben. Also sollten wir uns die Sache genauer ansehen." meinte Sky und wischte sich ein paar Sandkörnchen von ihrer schneeweißen Bluse.

"Okay, okay, ich hab' ja schon verstanden. Du willst mal wieder dringend den Retter in der Not spielen - mir soll' s ja recht sein. Ich hoffe bloß, daß das Zeug hier nicht schon seit Jahrhunderten 'rumliegt. Dann können wir uns nämlich hier nach den Überlebenden einer Notlandung totsuchen. "

Sie näherten sich langsam den kuppelförmigen Schrotthaufen. "Mensch, guck an, unser Schrotthaufen hat 'ne Tür!" stellte Kym plötzlich erstaunt fest. "Du bleibst draußen und gibst mir Deckung, ich gehe mal rein und sehe mir die Sache an!" Sie öffnete vorsichtig die Tür und sprang dann mit schußbereitem Laser hinein: "Freeze, Miami Vice! - Nanu, scheint keiner drin zu sein!" - "Bist Du sicher?" - "Klar bin ich sicher, so pompös ist die Einrichtung hier nicht, daß noch einer hinterm Sessel stecken könnte. Komm rein!"

Sky betrat den Raum, sichtlich noch nicht ganz überzeugt, doch als sie die kärgliche Einrichtung sah, war auch sie sicher, daß sich hier sicher niemand versteckt hatte.

Kym war derweil zu der notdürftig aus Metallteilen zusammengesetzten Herdstelle gegangen und legte die Hand auf die Oberfläche.

"Noch warm! Mir scheint, wir werden nicht allzu lange auf unseren Gastgeber warten müssen. Jedenfalls ist diese Nobelherberge nicht total verlassen. Am besten, wir warten hinter der Türe und mit gezogenem Laser. Man weiß schließlich nie, wie so ein Einsiedler auf Besuch reagiert."

"Ich wäre übrigens dankbar, wenn Du Deine Zitate aus Trivialsendungen aus dem Lokalfernsehen Deines mickrigen Heimatplaneten aufgeben könnten – die gehen mir nämlich inzwischen auf den Wecker."

"Ist mir egal, schließlich nervst Du mich mit Deinen Kolonienstories. Schließlich kann ich nichts dafür, daß Deine Eltern mit Dir von Caprica nach Utica ausgewandert sind."

"Jedenfalls war auf Caprica mehr los. Es würde mich schon wahnsinnig interessieren, ob es im Krieg mit den Cyllies noch irgendwas neues gab. Als wir weggingen, war noch keine Entscheidung abzusehen. - Achtung, ich glaube, da kommt der Hauswirt, ich habe was gehört!"

 

 

Verwirrt sah sich der Beobachter um. Er hatte die beiden Ladies zwar hineingehen sehen, aber jetzt sah er sie nirgends. Er stellte fest, daß sein Kampfinstinkt wohl schon ziemlich eingerostet sein müßte, denn bis er auf den Gedanken kam, daß die beiden ja vielleicht in seinem toten Winkel stehen könnten, hatte Kym schon die Tür zugeknallt und er sah in zwei Lasermündungen.

  "Äh, hi, schön, Euch zu sehen. Willkommen komme auf meinem hübschen kleinen Planeten stotterte er. "Hi." war die trockene Antwort Kyms, die das Gespräch auch nicht gerade entscheidend bereicherte Sky dagegen schien ernsthafte Probleme mit der Motorik ihrer Gesichtsmuskeln zu haben - sie kriegte den Mund nicht zu. "Kym, das - das - das ist eine Uniform, eine koloniale Uniform! Das ist ein Krieger der Kolonien!" -"Ist ja berauschend. Scheint ihm aber auch nicht so gut gefallen zu haben in den Kolonien, wenn er sich hier so am A... am Arm der Welt häuslich niedergelassen hat."

''Quatsch, er ist hier bestimmt notgelandet. los, tu' schon den Laser weg, der macht uns bestimmt keinen Ärger." - "Da bin ich mir zwar nicht so ganz sicher," gab Kym nach, die im Geheimen schon besorgt nachrechnete ( 1 zugegebenermaßen äußerst gutaussehender Krieger + 2 ebenfalls gutaussehende Retterinnen = Riesenärger...), "aber von mir aus. Was meinen Sie, Mister, kann ich die Knarre unbesorgt wegstecken, oder haben Sie irgendwelche unlauteren Absichten?"

"Aber keineswegs. Wenn Sie erlauben, daß ich mich vorstelle: mein Name ist Starbuck Genau wie dieser Planet. Ich habe ihn nach mir benannt." Kym hatte ihren Laser wirklich weggesteckt, weil sie meinte, daß Starbuck erstens wirklich keine Gefahr für Leib und Leben, wenigstens auf keinen Fall für's Leben, darstellte, und zweitens ihn eigentlich ganz nett fand, schaute mißbilligend auf Sky, die bis in die Haarwurzeln errötet war und sehr deutlich zeigte, wie geehrt sie sich fühlte, endlich einen Krieger der Kolonien kennenzulernen.

"Mein Name ist Sky, Sky Kooper. Toll, daß ich endlich mal jemanden wie Sie treffe. Sie müssen wissen, daß meine Eltern mich bei ihrem Umzug mit nach Utica nahmen, wo man kaum noch etwas von der Kultur der Kolonien erhalten hat. Der Kontakt zu den Kolonien brach bereits lange vor der Geburt meiner Freundin Kym hier ab, und ich wollte schon immer zu den Kolonien zurück..." Starbuck war sichtlich beeindruckt von so viel Begeisterung. Bravo, dachte Kym bei sich, jetzt hat sie einen echten Vorsprung. Sie hat nicht bloß mich so ganz nebenbei auch schon vorgestellt, sondern mich gleichzeitig noch als Provinztype hingestellt. Und er ist auch noch angetan von so viel offensichtlicher Anhimmele! Au warte, liebste Freundin, wir wollen doch sehen, wer hier wen aussticht!

"Okay, ich bin also immer noch Kym, wie Sky gerade richtig bemerkte." "Bloß Kym? Oder heißt das Miss Kym oder wie würde es Ihnen recht sein, junge Dame?" warf Stabs aus diplomatischen Gründen ein. - "Nur Kym. schließlich braucht ja nicht jeder einen Nachnamen, um sich aus der Masse hervorzuheben. Ich nehme an, Sie heißen auch nur Starbuck, richtig? Na also, und jetzt schlage ich vor, daß wir als erstes dieses blöde "Sie" fallenlassen. Irgendwelche Einwände?"

So, damit stände es nun mindestens eins zu eins, meinte Kym. Ja, die Männer. Sobald sie ins Spiel kommen, werden Freundinnen zu Hyänen. Beinahe jedenfalls. Kym war jedenfalls sicher, daß sie sich auch wegen Starbuck nicht für lange in die Haare geraten würden. Im schlimmsten Falle war Stabs der, der hinterher alleine 'rumstand -und er machte den Eindruck, daß ihn auch das nicht unbedingt von den Füßen hauen würde. eigentlich sah er wirklich nach einem Schürzenjäger aus - und diese Sorte weiß sich ja normalerweise irgendwie oder mit irgendwem zu trösten...

Sky hing ähnlichen Gedankengängen nach. Sie war sicher, daß ihre Tour mit den blauen ich-bin-restlos-hingerissen-Augen gezogen hatte. Normalerweise war sie kein Typ, der Kriegern zu Füßen fällt, aber dieser war ja auch ein besonders hübsches Exemplar. Und daß sie eigentlich auch ganz schön respektlos gegenüber den Kolonien und Ihren Kriegern sein konnte, würde er schon rechtzeitig merken...

Stabby war der von den Dreien, der nicht nur relativ zufrieden, sondern richtiggehend rundum glücklich war. Nicht nur, daß man ihn doch noch von diesem verflixten Wüstenplaneten 'runterholte, nein, sein Glück war ihm sogar noch so hold, gleich zwei wirklich attraktive junge Damen zu schicken, die sich zu allem Überfluß auch noch geradezu um ihn zu reißen schienen. Er konnte sich nicht so recht entscheiden, wer ihm nun lieber wäre, die weißgekleidete, die nur wenige Zentimeter kleiner war als er, blaue Augen und glattes Haar hatte, oder Kym, der die schwarzen Klamotten so gut zu den dunkelbraunen Augen paßten und die zwar ein bißchen klein, aber dafür ganz schön temperamentvoll war... man würde sehen.  

Während man darauf wartete, daß der Energieanzeiger der HAWKE endlich wieder auf "voll" stehen würde, erzählte Starbuck die Geschichte seiner Landung auf Starbuck. Als er von der schwangeren Frau, die er zusammen mit seinem Cylliefreund gefunden hatte, erzählte, grinsten Sky und Kym derart verständnissinnig und nickten , daß Stabby sich selbst fragte ob er auch wirklich nicht log...

"Aber jetzt müßt Ihr mir auch was erzählen. Woher habt Ihr diese Maschinen? Ich bin zwar eine ganze Weile hier auf Starbuck 'rumgelaufen aber in der Zeit kann doch die Flotte keinen völlig neuen und außerdem so stark verbesserten Raumschiffstyp herstellen!"

"Hat sie auch nicht. Wir wußten bis vor kurzer Zeit noch gar nichts von der Zerstörung der Kolonien - genauer gesagt, bis Du uns davon erzählt hast. Und die Schiffe - das wirst Du uns wohl kaum glauben." -"Ihr könnt's ja mal versuchen. Ich bin ein sehr phantasievoller Mensch!" - "Glaube ich dir aufs Wort. Erzähl' Du zuerst, Sky, Du redest sowieso mehr als ich."

"Höchstens besser. Also, wir kannten uns schon auf Utica. Das heißt, wir hatten uns gerade kennengelernt. Wir wollten beide an der Schulung zum Jägerpiloten teilnehmen. Weil die Wohnungen in der Nähe der Akademie aber grausam teuer für einen Einzelnen sind, beschlossen wir nach kurzem Beschnuppern, zusammen eine Wohnung zu mieten. Als die Schulung so weit war, daß wir unsere ersten Soloflüge machen konnten, gehörten Kym und ich zur gleichen Gruppe. Und was uns dann passierte, glaubst Du mir doch nicht, und deswegen sollte jetzt Kym weitererzählen, weil sie das Ganze wohl etwas kürzer macht als ich."

"Okay. Also, auf unserem zweiten Solo passierte es. Unsere Schiffe gerieten irgendwie außer Kontrolle, ließen sich nicht mehr steuern. Wir wurden bewußtlos, mit allen Voranzeigen, die einen Piloten glücklich machen: Dröhnen in den Ohren, die Augen von einem furcht bar grellen Licht geblendet. Was dann passierte, wissen wir beide nicht mehr, alles, an was wir uns erinnern können, ist ein Raum, der nur aus Licht zu bestehen schien und eine Stimme, die uns anwies, zu einer bestimmten Zeit an einen unbewohnten Ort zu kommen, dort würden wir mehr erfahren."

"Das klingt zwar zuerst unglaublich, aber irgendwie kommt es mir bekannt vor... erzähl' weiter!" sinnierte Stabby.  

"Neugierig, wie wir sind und waren, gingen wir natürlich zu diesem Treff. Und jetzt wird's restlos irre. Dort trafen wir einen Typen, der ganz in Weiß gekleidet war. Er behauptete, nur wir könnten ihn sehen, und für jeden anderen sei er unsichtbar. Das war aber auch nicht so wichtig, es kam ja doch keiner. Jedenfalls drückte er uns diese Maschinchen quasi aufs Auge und erzählte uns 'ne Menge von einer besonderen Mission, die er für uns hätte. Und als wir mal schüchtern darauf hinwiesen, daß wir schließlich noch nicht mal unsere Ausbildung beendet hätten meinte er, das könne man beschleunigen. Es klingt verrückt, aber innerhalb von zwei Wochen hat uns dieser John, wie er sich nennen ließ, uns eine Ausbildung zum Kampfpiloten verpaßt, wie sie im Buche steht. Dann verabschiedete er uns reichlich hastig und meinte, wir sollten einfach mit den Dingern hier in der Gegend 'rumkreuzen und nach unserem Gewissen handeln, das wäre im Grunde das, was sie von uns erwarteten. - Tja, das wär's. Ich würde es ja auch nicht glauben, wenn ich nicht selbst dabeigewesen wäre."

"So, und jetzt sollten wir das Thema abschließen, sonst hält uns der Lieutenant noch für völlig übergeschnappt. Ich bin dafür, daß Du uns einfach unsere Geschichte abnimmst, dann glauben wir Dir auch die Story mit Deiner geistigen Vaterschaft.." versprach Sky. "Außerdem ist die HAWKE jetzt auch wieder bereit zu neuen Schandtaten. Bleibt nur noch die Frage: mit wem fliegt Starbuck?"

Weil Starbuck sich einfach nicht entscheiden wollte oder konnte, warf Sky eine Münze - bei Kyms berüchtigter Spielernatur wollte sie sich lieber nicht auf eine von ihr geworfene Münze verlassen...

"Verflixt, jetzt hab' ich doch noch verloren!" jammerte sie aber trotz aller Vorsicht. -"Tja, da wirst Du Dich eben doch mit Deinem Bordcomputer als Gesellschaft zufriedengeben müssen. Aber keine Bange, ich lasse die Funkverbindung bestehen, damit Du auch sicher sein kannst, daß wir uns keine Freiheiten erlauben, nicht wahr, Lieutenant?" Kym hatte sich diese Anrede angewöhnt, weil ihr Stabby eigentlich doch ein bißchen zu direkt war. Es konnte ihm bestimmt nicht schaden, mal ein wenig auf Abstand gehalten zu werden.

"Natürlich." stimmte Stabby etwas säuerlich zu, aber bei dem Gedanken, daß sich irgendwelche "Freiheiten' im Cockpit eines Raumjägers sowieso kaum verwirklichen lassen würden, erheiterte sich seine Miene wieder. Wahrscheinlich hatte Kym das nicht als ernsthafte Zurückweisung gemeint. Ihn abweisen, also nein. War bestimmt nur ein Scherz...

Seine Ansichten über die Raumverhältnisse in der SALLY mute Starbuck allerdings noch kräftig revidieren, als er durch den Einstieg geklettert war. Im Rumpf befand sich nicht nur das eigentliche Cockpit, sondern auch noch eine direkt gemütlich anmutende Koch- und Schlafecke, die aus einer kleinen Automatikküche und einer relativ großen Koje bestand.

"Am besten, Du kommst mit nach vorne, zumindest während des Starts. Nachher kannst Du Dich immer noch auf 'nen Schluck Ambrosa da hinten ausbreiten." - "Du hast Ambrosa an Bord?" erkundigte sich ein in dieser Hinsicht ziemlich ausgetrockneter Lieutenant, während er nach den ihm bekannten Funkhelmen und Gurten suchte. 

Kym sah ihn erstaunt von der Seite an. "Was suchst Du eigentlich? Ich habe bestimmt keine Flasche unter dem Sitz versteckt. " "Nein, ich suche eigentlich so was wie Helme oder Gurte oder so. Oder willst Du so total ungeschützt starten?" - "Wieso total ungeschützt? Helme brauchen wir keine, weil der Funkverkehr hier über Mikros geht, die in der gesamten Kabine verteilt sind. Sky muß mich ja auch erreichen können, wenn ich zum Beispiel gerade da hinten beim Essen  bin." 

"Ah ja. Ist ja äußerst praktisch - und diese Dinger hier, " er deutete auf seiner Meinung nach reichlich unsichere Gurte, die wie ein schräges  V über den Brust- und Bauchbereich des Piloten und Copiloten verliefen. "Wieso, reicht doch völlig. Die künstliche Schwerkraft liegt doch in dieser Kiste sowieso immer "unten" und die meisten Andruckkräfte werden auch neutralisiert. Du brauchst Dich also gar nicht so an Deinen Sessel zu klammern." 

Starbuck war zwar noch nicht überzeugt, aber überredet. Und nachdem Kym die SALLY direkt elegant und ohne die geringste Erschütterung zu verursachen gestartet und auf einen Kurs gebracht hatte, der in Richtung der GALACTICA liegen mußte, entspannte er sich etwas.  Leider begann der Streß für ihn bald wieder, denn Kym legte einen Kippschalter um und löste ihren Sicherheitsgurt. Gemütlich ging sie zum Küchenautomaten und tippte etwas ein. Dann setzte sie sich auf einen Sitz, der gegenüber der Koje an der Wand befestigt war.

Stabby sah sie mit offenem Mund an und war zwischen zwei Handlungsmöglichkeiten hin- und hergerissen: lauthals loszuschimpfen oder lieber zuerst in die Kontrollen greifen. Er entschied sich für die erste Möglichkeit, da bisher noch keine akute Gefahr für das Raumschiff zu bestehen schien.  "Bist Du total verrückt geworden? Du kannst doch dieses Ding nicht so ohne Steuerung in der Gegend herumfliegen lassen!" - "Klar kann ich. Das heißt, der Autopilot hat doch schon längst die Steuerung übernommen. Und die wichtigsten Ortungsschaltungen kann ich auch per Stimme einschalten. Und im Übrigen solltest Du mich nicht in meinem eigenen Raumschiff anbrüllen, das mag ich nicht. Sky übrigens auch nicht, und wenn Du das noch mal so machst, kannst Du Deine GALACTICA meinetwegen zu Fuß suchen. He, Sky, hast Du gehört, unser Freund ist ja ziemlich cholerisch veranlagt."

"Entschuldige, das konnte ich ja nicht riechen. Aber vielleicht solltet Ihr mich demnächst lieber vorher auf eure technischen Kunststücke vorbereiten!"

"Schon okay." meinte Sky, die sich bisher aus dem Disput der beiden herausgehalten hatte. "Kym hat's auch nicht ganz so ernst gemeint. Bisher hat sie noch keinen Passagier in voller Fahrt 'rausgeworfen. Hab' ich recht?" Kym war schon beinahe wieder versöhnt. "Hast Du. Also, Starbuck, Du wolltest doch bestimmt einen Becher Ambrosa , oder?" - "Aber natürlich!"

 

"Hey, besauft Such da drüben nicht, jedenfalls nicht, so lange ich nicht dabei bin!"  Unter solcherart lockerem Gespräch verstrichen einige Stunden. Als die Orter immer noch kein Zeichen von der GALACTICA fanden, wiesen Kym und Sky ihre Bordcomputer an, sich zusammenzuschalten und so ihren Ortungsbereich zu verdoppeln. "Der Fernorter zeigt eine Energieemission der gesuchten Form an. Soll eine Kursänderung in Richtung der angemessenen Energiequelle ausgeführt werden?" erkundigte sich der Bordcomputer der SALLY mit sonorer Stimme. "Ja, mach mal!" meinte Kym mäßig begeistert. Stabby war erschrocken zusammengezuckt, als die Stimme aus den versteckten Lautsprechern erklang.

"Nur die Ruhe. Du kennst Sally ja noch gar nicht. Also, SALLY habe ich den Bordcomputer hier genannt, nach der SALAMANCA. " -"Sehr richtig. Allerdings muß ich Dich darauf hinweisen, daß die Befehlsform "mach mal" nicht den normalen Anweisungen eines Piloten an seinen Computer entspricht." - "Ist mir egal, Sally. Du bist ja schließlich auch kein normaler Computer, sonst würdest Du bei einer falschen Anweisung gar nicht reagieren, sondern Deine Anfrage stur wiederholen. Also ist es egal, ob meine Anweisung korrekt ist oder nicht, Hauptsache, Du kannst Sie verarbeiten, habe ich recht?" - "Die Argumentation ist logisch." stellte Sally fest und widmete sich dann der Kursänderung.  Stabby dachte mit Schaudern an seine Erlebnisse mit einem Bordcomputer namens C.O.R.A. zurück und erkundigte sich bei Kym, ob sie öfters mit dem Computer diskutiere. "Sicher, macht doch Spaß. Besonders, wenn Sky mal nicht dabei ist -  sonst ist so'n Flug ja langweilig"  Langsam näherten sie sich der GALACTICA. "So, jetzt müßten wir eigentlich in ihrem Ortungsbereich angekommen sein. Wie war noch mal die Flottenfrequenz?" erkundigte sich Kym bei Starbuck Sie hatte sich inzwischen wieder auf ihren Pilotensitz zurück bequemt und stellte die Funkanlage auf die Frequenz, die Stabby ihr nannte, ein. Schon nach kurzer Zeit wurden sie von der GALACTICA aus um Identifikation gebeten.  

"Na, die sind aber wirklich höflich. Fehlt bloß noch, daß sie uns einen Warnschuß vor den Bug setzen." beschwerte sich Kym. "He, Sky, ich werde uns drei mal anmelden, okay?" - "Klar doch, habe ich die Arbeit gespart!" - "Hallo, Ihr da drüben! Identifikation wie folgt: Raumzigeuner Kym und Sky Kooper im Anflug auf Euch mit den beiden Raumschiffen SALAMANCA und HAWKE Außerdem haben wir noch einen gewissen Lieutenant Starbuck im Gepäck, -der schon ganz aufgeregt in seinem Sessel 'rumrutscht, weil er Euch so vermißt hat!"  "Ich kann mir so richtig vorstellen, wie die jetzt anfangen zu rotieren!" tönte Sky. "Die müssen Dich doch total abgeschrieben haben, Stabby. Und jetzt tauchen da einfach ein paar Typen auf, die behaupten, Dich aufgesammelt zu haben..."

Die Antwort von Bord der GALACTICA gab Sky baldigst recht. "Hallo, hier spricht Commander Adama. Sie behaupten, Lieutenant Starbuck an Bord zu haben. Ist es möglich, daß ich mit ihm direkt spreche?" - "'türlich ist es möglich. Einfach drauflos labern, Lieutenant, dann hört er Dich."  "Commander?" - "Starbuck, sind Sie es wirklich?"- "Höchstselbst, Commander. Meine beiden Freundinnen hier haben mich von einem Planeten, auf dem ich notlanden mußte, gerettet und freundlicherweise sogar bis zur GALACTICA chauffiert. Erhalten wir Landeerlaubnis?" -"Jawohl. Folgen Sie den Anweisungen des Brückenpersonals und unternehmen Sie keine Spazierflüge auf eigene Faust."

"Nanu, ziemlich barsch, der alte Herr." monierte Kym, nachdem sie den Sender abgeschaltet hatte. "Aber wenn ich mir diese Flotte so ansehe, ist mir schon klar, daß er ein bißchen vorsichtig geworden ist. Damit kann man sich wirklich keinen Arger leisten. Und ich dachte, die Maschinen, mit denen sie uns zu Hause das Fliegen beibringen wollten, wären veraltet..." "Wenn man bedenkt, daß das hier die Überreste der Kolonien sind..."  

Sky und Kym folgten den Kommandos der GALACTICA-Brücke und setzten ihre Raumer butterweich im Hangar ab.

Erwartet wurden sie von einem Empfangskomitee des Sicherheitsdienstes. Als erster kletterte Starbuck aus der SALLY. Er registrierte verwundert die aufgefahrenen Sicherheitsmaßnahmen, sagte aber nichts. Kym folgte ihm aus dem Schiff, sah ebenfalls, daß sie erwartet wurden und drehte sich sofort wieder um, um wieder in die SALLY zu klettern.

Starbuck erwischte sie gerade noch am Kragen und hielt sie fest. Sky war auch ausgestiegen und sah sich sichtlich beeindruckt um. "Meine Herren. Die haben ja wirklich nur am Sekt gespart. Oder veranstaltet Ihr hier Empfänge prinzipiell mit Ambrosa ?" war ihr Kommentar zur Sache. Auch ihre Begeisterung in Sachen Kampfstern schien angesichts des ihr entgegengebrachten Mißtrauens ins danken zu geraten. Von den Kolonien zu schwärmen und dann von Vertretern ebenderselben blöd angesehen zu werden, wenn man ihnen auch noch einen verlorengegangenen Krieger mitbrachte - oder war Stabby am Ende gar nicht so beliebt, wie er behauptete?  Bevor Sky diesen Gedankengang zu Ende führen konnte, kamen Adama und einige andere Krieger im Hangar an. Einer stürzte sofort auf Starbuck los, der begeistert "Apollo!" brüllte und ihn umärmelte, die anderen hielten ihre Begeisterung im Zaum, wahrscheinlich im Hinblick auf die Anwesenheit  des Commanders. Dieser warf einen Blick auf einen Mann, der mit einem Meßgerät um Starbuck herumgegangen war, und als jener bestätigte:"Er ist echt!" ging er auf Stabby zu und begrüßte ihn sichtlich bewegt.

"Es tut mir leid, daß wir uns so mißtraurisch aufführen, aber wir müssen vorsichtig sein. Vor nicht allzu langer Zeit haben uns die Cylonen einige Droiden an Bord geschickt, um uns auszuspionieren. Dr. Willker mußte Euch deshalb erst untersuchen."

"Na, da bin ich ja direkt froh, daß er das durch die Klamotten machen konnte. Ich hätte nämlich ausgesprochen ungern meine Garderobe auf diesem wirklich tollen Hangarboden verstreut." bemerkte Kym, die sich allmählich reichlich am Rande des Geschehens wiederfand, was ihr gar nicht paßte. "Gibt's noch irgendwelche Formalitäten, oder kann Stabby uns jetzt endlich zu dem Drink einladen, den er uns versprochen hat?" fügte sie hinzu, da ihr das Ganze wieder mal nicht schnell genug ging. "Nun, bevor Sie dazu kommen werden, möchte ich die beiden Damen erst noch zu einem Gespräch in meine Kabine bitten."

Sky und Kym sahen erst sich gegenseitig und dann Starbuck fragend an. Der verstand zuerst nicht, erklärte dann jedoch flüsternd und ziemlich hastig: "Er kann Euch ja wohl kaum auf der Brücke über diese Rettungsaktion ausfragen. Außerdem ist seine Kabine auch quasi sein Büro. Was Ihr wieder denkt!"  Seine Auskunft wurde nur mit einem lässigen Schulterzucken quittiert. Adama hatte von dem Mißverständnis offenbar nichts mitgekriegt, denn er gab keinen Kommentar ab und bat die Ladies nur, ihm zu folgen.  

Während sie ihm durch die langen Gänge folgten, war es an Kym, sich  beeindruckt zu zeigen. Sie ließ es keinen der ihnen begegnenden Leute merken, aber Sky, die sie lange genug kannte, registrierte, daß die ungeheure Größe des Kampfsterns und das geschäftige Leben Kym doch ganz schön beeindruckten. Sky hatte zwar auch ein gewisses Leuchten in den Augen, trug aber eine ich-hab's-dir-doch-gesagt-Miene zur Schau. in seiner Kabine angelangt, bot Adama seinen beiden "Gästen" ganz gegen seine Gewohnheit einen Sitzplatz an.

Vielleicht lag das aber auch daran, daß die meisten seiner anderen Gäste zur militärischen Berichterstattung bei ihm erschienen. Und diese beiden Damen wirkten irgendwie sehr unmilitärisch und noch respektloser als Myrah-Faye. Und das wollte schon etwas heißen.

"Wie wäre es, wenn Sie mir zuerst erzählen, wie Sie Lieutenant Starbuck fanden?" begann er das Gespräch. "Eigentlich fand ich ihn ja ganz nett." meinte Kym versonnen, sah dann aber an der Miene des Commanders, daß er etwas anderes gemeint haben  mußte "Sky, erzählst Du?" - "Meinetwegen. Obwohl ich mir ja, wenn's nach Dir ginge, Fransen an den Mund reden müßte." Und sie berichtete von ihrem "Fund" auf dem Wüstenplaneten. Als sie diesen Bericht abgeschlossen hatte, wollte Adama wissen: "lch habe bemerkt, daß sie da einen uns völlig unbekannten Raumschiffstyp fliegen. Hätten Sie etwas dagegen, wenn unsere Wissenschaftler sie sich ein mal genauer ansehen?" 

"So lange sie sie nicht auch auseinandermontieren wollen. Das könnte der Bordcomputer übelnehmen. Außerdem bin ich sicher, daß sich ihre Wissenschaftler schon lange damit beschäftigen, den Öffnungsmechanismus zu er forschen." genehmigte Sky. lm gleichen Moment summte der Kommunikator auf Adamas Schreibtisch. 

"Ja, Dr. Willker, was gibt es?" 

"Die kriegen die Tür nicht auf!" flüsterte Kym Sky grinsend zu. 

"Wir kommen einfach nicht in die Schiffe 'rein!" beklagte sich Willker. "Wir haben alles bis auf rohe Gewalt probiert. Und welche Effekte die haben würde, kann ich nicht voraussagen, weil wir die Metallegierung der Außenwand AUCH NICHT kennen." 

"Vielleicht sollten wir ein wenig nachhelfen," bot Kym an. Sie streifte den Ärmel ihrer Bluse hoch und tippte etwas in das Armband, das sie am Handgelenk trug. Sky tat dasselbe, und prompt kam der erstaunte Ausruf Willkers: "Verdammt, jetzt gehen d die Luken auf einmal von selbst auf!" "Tja, Doktor, da haben Ihnen unsere beiden Gäste ein wenig unter die Arme gegriffen." verabschiedete Adama ihn lächelnd. "Womit Sie mich aber noch nicht darüber aufgeklärt haben, woher Sie die se Maschinen haben. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, aber die einzigen Schiffe, die uns bisher unbekannt waren und die auch scheinbar nicht von irgendeiner Werft der Kolonien hergestellt waren, waren  Produkte der Cylonen, die uns damit eine Falle stellen wollten. Wer sagt  mir, daß Sie nicht eben dieses Ziel verfolgen?" 

"Wir." meinte Kym. "Außerdem würden wir Ihnen dann wohl kaum einen Ihrer Krieger mitbringen, schon gar nicht einen mit einer so hohen Abschußrate wie Starbuck Und die ist auch dann noch hoch, wenn ich mal den möglichen Angabeteil abziehe. Und wenn ich Cylone wäre und Ihnen ein Kuckucksei ins Nest legen wollte, oder beispielsweise eine niedliche Bombe, dann würde ich sie vielleicht einem normalen Frachtschiff oder einer Viper ein bauen, sicher aber nicht einem völlig neuen Schiffstyp. Der zieht nämlich einmal mehr Aufmerksamkeit an und macht nebenher auch noch mißtraurisch, wie Sie ja an sich selber beobachten können." "Vielleicht sollten wir dem Commander auch noch mal unsere Geschichte vorbeten, vielleicht überzeugt ihn das ja." schlug Sky vor und erzählte auch gleich drauflos. 

Als sie ihre Geschichte beendet hatte, sah Adama genau so nachdenklich aus wie Starbuck, da auch er von Apollos Erlebnissen auf Terra wußte. Gleichzeitig beschloß er aber, seinen Besuchern nichts davon zu sagen - wenn sie sich die Geschichte nur ausgedacht hatten, was zwar unwahrscheinlich, aber trotzdem im Bereich des Möglichen war, würden sie ihre wahre Herkunft schon irgendwann zugeben. Gefährlich für die Flotte schienen sie ihm auf keinen Fall zu sein. 

"Nun, dann werde ich Sie jetzt Ihren Rechten an einer Erfrischung über lassen. Bleiben Sie, so lange Sie wollen, und wir würden uns über eine Verstärkung unserer Kampfkraft durch Sie sehr freuen. Wir brauchen wirklich jeden, der sich bereit erklärt." 

"Moment, wollen wir überhaupt bleiben?" erkundigte sich Kym bei Sky. "Klar bleiben wir. 'dir können doch Stabby nicht einfach absetzen und  dann so ganz auf sich gestellt ums Überleben kämpfen lassen" "Na ja. Ich glaube zwar nicht, daß er unsere Hilfe sooo dringend braucht, aber wenn Du meinst." diskutierten die Beiden im Hinausgehen.

Adama freute sich insgeheim darauf, zu sehen, wie sie Starbuck beim überleben helfen würden.  

Nach einigem Nachfragen fanden Kym und Sky endlich das Casino, in dem sie mit Starbuck verabredet waren. Es herrschte ein ziemlich reger Betrieb, und Kym kriegte leuchtende Augen, als sie die Spieltische sah. "Was spielt Ihr hier eigentlich?" fragte sie mit betont harmloser Miene einen der an der Theke stehenden Krieger. "Zum Beispiel Pyramide..." begann der Mann aufzuzählen, aber da unterbrach ihn Kym schon. "Besten  Dank, das reicht mir für's erste." Leider gab es vorerst noch keine Gelegenheit für ein Spielchen, denn  jetzt erschien Starbuck und begrüßte sie überaus galant, was wohl hauptsächlich daran lag, daß sowohl Athena als auch Cassie ihn zwar sichtlich erfreut begrüßt hatten, ihn aber ansonsten mit entschieden weniger schmelzenden Blicken und ähnlichem bedachten als er gewohnt war. Irgendwie hatte er den Verdacht, daß sie näheren Umgang mit Myrah-Faye und ihren Schwestern gepflegt hatten und daß deren Einstellung ihm gegenüber ihm abgefärbt hatte. Nun ja, sie würden schon noch merken, daß ihn so was nicht umwarf. Schließlich gab es noch andere Chancen für ihn. Im Schlepptau hatte er Apollo und Boomer, die nach Starbucks Beschreibung seiner "Heimreise" unbedingt diese beiden Wundertiere kennenlernen  wollten. Außerdem hatte ihnen Stabby einen ausgeben wollen, wieso also nicht? 

 Starbuck stellte Pollo und Boomer vor, und bald entspann sich ein gemütlicher Plausch. Ebenso bald aber kriegte Bucko kribbelige Füße, weil er endlich auch noch mal an die Spieltische wollte. Immer nur gegen sich  selbst spielen, wie er es auf Starbuck gemacht hatte, wurde ja auch schnell langweilig "Ach ja, ich habe mit meinem Vater gesprochen. Er meinte, wenn Ihr Euch schon als Verstärkung der Red und Blue Squadron anseht, könntet Ihr auch gleich in eine Pilotenunterkunft ziehen. Es wären noch zwei Plätze in einer Drei-Betten-Kabine frei." "So, wir sind also bei der Red und der Blue Squadron eingeteilt. Wer leitet die denn?" erkundigte sich Kym erst mal. "Ich die Red und Pollo die Blue." informierte Starbuck. "Okay, und wer kommt zu mir?" Es entstand eine Pause, in der Sky mit vielsagendem Blick die Casinodecke studierte. Kym hatte schon vorher bemerkt, daß sich Sky's Interesse auf den dunkelhaarigen Captain verlegt hatte, und rettete die ein bißchen peinliche Situation: "Ich. Ist doch klar. Aber ich komme nicht zu Dir, sondern ich fliege in Deiner Squadron, mehr nicht. Daß das klar ist." 

Irgendwie wirkte ihre Miene nicht ganz so ernst. "Und wer ist eigentlich Dein Vater? Der Quartiermeister?" wandte sie sich an Apollo. Der sah erst reichlich verwirrt aus der Wäsche, aber als er Kym's Gedankensprung zurückverfolgte zu der Kabinenfrage, meinte er trocken: "Nö. Aber er ist fast genau so wichtig." An dieser Stelle konnte sich keiner der drei Gaga-Krieger mehr zurückhalten, und das mühsam zurückgedrängte Grinsen verwandelte sich in einen Lachanfall, der auch Sky und Kym ansteckte, als Boomer sie zwischen zwei Japsern nach Atemluft aufklärte, wer denn nun Pollo's Vater sei. Nachdem sich die Gemüter beruhigt hatten und man zwei Becher Ambrosa weiter war, brach der letzte Rest Selbstbeherrschung in Starbuck zusammen und er versuchte sich zu verdrücken.

"Ihr entschuldigt mich, ja, ich geh' nur mal schnell ein ganz kurzes Spielchen machen. Pollo, Boomer, Ihr unterhaltet mir doch die Damen so lange, ja? Ich glaube, die beiden würden nicht so an einem Spiel Pyramide interessiert sein." 

''Moment, sicher sind wir interessiert. Schließlich war Pyramide der letzte Rest Kultur, den man sich auf meinem Heimatplaneten bewahrt hat!" hielt ihn Kym zurück und zwinkerte Sky zu. Wie wäre es mit einem Spiel so mit uns allen?" 

"Nee, tut mir leid," entschuldigte sich Boomer, der glaubte, den Ausgang dieser Partie voraussehen zu können und der keine Lust hatte, Starbuck ausgerechnet jetzt seinen Sold in den Spielerrachen zu werfen, "ich muß morgen auf Patrouille, ich leg' mich lieber noch 'n bißchen aufs Ohr." Sprach' s und verschwand eiligst zum Ausgang. "Was ist, macht Ihr wenigstens mit?" fragte Kym in Richtung der verbliebenen potentiellen Opfer. Die hatten keine Einwände, und so saß man kurze Zeit später an einem gerade frei gewordenen Tisch. Das Spiel lief, die Einsätze stiegen, und bald stiegen auch Apollo und Sky aus und gingen zurück an die Theke.

Nachdem sich Kym in Gegenwart der beiden nicht ganz so Spielverrückten noch ein bißchen zurückgehalten hatte, trieb sie jetzt rücksichtslos den Einsatz hoch. Bucko bekam zwar sorgenvolle Daggitfalten auf der Stirn, hielt aber nicht nur mit, sondern warf zum Schluß sogar den Rest seiner Cubits auf den Tisch, setzte seine beste Sonntagnachmittag-Gewinnermiene auf und meinte süffisant: "Nun, werte Retterin, kannst Du da noch mithalten?" Kym beobachtete ihren Gegner kurz. Der hatte sich längst eine Zigarre angezündet und grinste provozierend, als er erhöhte. "Okay. Aber  versprich' mir, nicht zu weinen, wenn Du verlierst!" entschied Kym und legte ihren Einsatz ebenfalls in die Mitte des Tisches. "Und jetzt will ich sehen!"  

Starbucks Gesichtsausdruck war sehenswert. Man sah, daß er scheinbar nur geblufft hatte, aber aufgeben wollte er denn doch noch nicht. Also erhellte sich seine Miene wieder und er blätterte seine Karten auf den Tisch. "Keine Idealpyramide, aber nicht schlecht." bestätigte ihm Kym, "Aber leider nicht gut genug." Als sie ebenfalls ihre Karten auf den Tisch legte, spiegelte sich das Leid jeden erfolglosen Spielers des Universums in Bucko's Blick. 

"Tja, ich würde sagen, wir setzen uns an einen normalen Tisch. Spieltische scheinen heute nichts für Dich zu sein." meinte Kym und strich ihren Gewinn ein. Starbuck beschloß, den guten Verlierer zu mimen und zockelte hinter ihr her. "Weißt Du eigentlich, was Dein Problem ist?" erkundigte sich Kym. "Nein." knurrte Starbuck, der am liebsten alles andere diskutiert hätte, aber nicht das verlorene Spiel. "Du rauchst." - "Hä?" - "Erkläre ich Dir vielleicht später mal. Aber jetzt bestimmt nicht. Was ist, soll ich Dich zu einem Drink einladen, damit sich Deine Laune wieder ertragen läßt?" Stabby erklärte sich gnädigst einverstanden und Kym machte sich auf den Weg zur Theke. Während sie auf die Drinks wartete, sah sie zu Sky und Apollo hinüber. die sich offenbar prächtig unterhielten. Sky fing Kym's Blick auf und zwinkerte vielsagend. 

"He, das war ja klasse, wie Du Bucko eben vom Tisch gefegt hast!" klang eine Stimme hinter Kym. Sie drehte sich um und sah ein weibliches Wesen in Pilotenuniform. Sie sah außerdem, daß dieses Wesen blauschwarzes Haar und seltsam violett schimmernde blaue Augen hatte. "Halb so wild. Ich bin Kym." stellte sie sich erst mal vor. "Ich bin Shantala. Aber so cool hat echt noch keiner Starbuck ausgetrickst. Wie hast Du das gemacht?" - "War echt nicht schwierig. Moment," schwächte Kym ab und nahm die Gläser entgegen. "Großes Kriegerehrenwort, daß Du ihm nichts verrätst? Sonst schlägt ihn nämlich so leicht keiner mehr." 

"Klar, ich kann doch die Klappe halten, was denkst Du denn!" - "Also, Starbuck ist ja ein reichlich starker Raucher. Und spätestens nach dem ersten gewonnenen Spiel macht er seine Zigarre an. Richtig?" Nicken. 

"Und als Nichtraucher kann ich meine psychologischen Erkenntnisse über Rauchgewohnheiten voll ausspielen. Wenn ein Raucher nämlich den Qualm nach unten bläst, kannst Du damit rechnen, daß er reichlich miese Karten hat. Wenn er den Qualm nach oben bläst, ist natürlich das Gegenteil der Fall." 

"Und er hat also bloß geblufft mit der letzten Karte?" "Eben. Und das habe ich daraus geschlossen, daß sein Zigarrenqualm - der muß ja ein scheußliches Kraut rauchen - nach unten ging. Und es hat sogar geklappt." "Sollte ich auch mal probieren. Vielleicht machen wir damit die halbe Elite der Pyramidespieler an Bord arm!" 

"Mal sehen. Gibt's hier eigentlich zwei Shantalas, oder sollen wir mit Dir demnächst die Kabine teilen?" "Kabine 284 ?" - "Exakt." "Bin ich. Oder ist jedenfalls meine Kabine. Werde ich mich wohl ein biß chen einschränken müssen. War ja bisher direkt himmlisch, eine 3-Mann Kabine bloß für mich allein." 

"Wieso, wir wollen die meisten Sachen sowieso noch an Bord unserer Schiffe lassen. Wir wissen nämlich noch nicht genau, wie lange wir nun eigentlich bleiben wollen. Kommst Du mit 'rüber zu Stabby?" "Ach nö, ich muß morgen früh Patrouille fliegen, da schmeiß' ich mich besser bald in die Koje. Wir sehen uns dann später!" verabschiedete sich Shantala.  

Inzwischen hatte sich Boxey heimlich ins Kasino geschlichen, um seinen Vater zu suchen. Aus den Gesprächen der Erwachsenen hatte er einiges über Starbucks Niederlage aufgeschnappt und tauchte jetzt an seinem Tisch auf. "Hi, Starbuck! Na, wieder mal im Pyramide fertiggemacht worden? Und dann noch von Deinem Chauffeur!" 

"Wieso fertiggemacht? Ich habe doch bloß das letzte Spiel hoch verloren!" "Ach, und die anderen nur ganz knapp?" "Überhaupt, was machst Du hier im Kasino? Und eigentlich solltest Du schon längst im Bett sein! Weiß Dein Vater, daß Du hier bist?" versuchte Stabby autoritär und überlegen zu wirken. Leider schien Boxey diesen Versuch nicht zu registrieren.

"Nö, aber ich geh' gleich zu ihm. Vielleicht weiß der ja, wieso Du heute so mies gespielt hast!" "Ich HABE NICHT mies gespielt!" Starbuck erwog die Möglichkeit eines körperlichen Verweises, da er schließlich als "Freund der Familie" ein gewisses Maß an Respekt erwarten zu können glaubte, als Kym am Tisch erschien. Sie schien einmal den letzten Satz Boxeys und auch die finsteren Absichten Stabbys erkannt zu haben, denn sie meinte beim Hinsetzen: 

"Aber nicht doch, Lieutenant, kleinen Kindern tut man doch nichts, die stellt man in den Schrank und dreht den Schlüssel um!" Boxey warf einen Blick zu Starbuck, aber der grinste wieder so seltsam heiter, daß wohl weder er noch Kym den Schrank-Vorschlag ganz ernst gemeint haben könnten, beschloß der Junge und düste zur Theke und begrüßte seinen Vater. Apollo sah sich nach einer großen Umarmung und einem fröhlichen "Hallo, Daddy!" erst mal zu einer Erklärung gezwungen, denn Skys  Gesichtsausdruck erinnerte ihn stark an Stayka, bloß daß diese ähnlichen Situationen meist "Faszinierend." zu sagen pflegte.  

"Tja, also, das ist mein Sohn." - "Ach, sag an." stellte Sky fest, die in ihren Überlegungen auch schon so weit gekommen war. "Und wie kommt es, daß ich hier mit einem Familienvater 'rumflirte?" wollte sie wissen. Allerdings erwartete sie wohl keine Antwort, denn sie machte Anstalten, sich ihr Glas zu schnappen und zu gehen. Schließlich war das Schiff ja wohl voll mit Junggesellen, da mußte man ja nicht mit einem verheirateten Mann 'rumsitzen, wer weiß, als Scheidungsgrund  wollte sie nun wirklich nicht auftreten "Moment!"

Apollo griff nach Sky's Arm. "Du bist auf dem Holzweg. Ich bin Boxey's Adoptivvater, außerdem ist meine Frau bei einem Cylonenangriff getötet worden. Sonst würde ich bestimmt nicht hier herumhängen, jeden falls nicht ohne Serina. Was ist, willst du immer noch gehen?" "

'Tut mir leid. Aber die Sache war ja auch leicht mißzuverstehen. Vergessen wir das, ja?" "Okay. Halt, junger Mann, mit Dir habe ich noch ein Wörtchen zu reden. das machst Du hier im Kasino? Du solltest längst im Bett sein!" "Mensch, Daddy, Du klingst genauso wie Starbuck! Der wollte mich auch schon 'rausschmeißen!" "Da hatte er auch sehr recht. Du weißt doch auch genau, daß Du noch viel zu jung bist, um hier herein zu dürfen." 

"Also, Boxey, versprichst Du uns, daß Du Dich hier nicht mehr sehen  läßt, bis Du mindestens 16 Yahrens alt bist? Vielleicht kann ich Deinen Vater dann überreden, Dich persönlich ins Bett zu bringen. Oder bist Du dazu schon zu groß?" Entschiedenes Kopfschütteln. "Okay, dann laß' uns gehen. Kommst Du mit, Sky?" Natürlich kam Sky mit. 

Zur allgemeinen Überraschung blieben die beiden aber gar nicht so lange und tauchten bald wieder im Kasino auf. Kym war aber überzeugt, daß Sky sich bald nicht mehr ganz so kühl zeigen würde   An diesem Abend wurde noch so mancher Drink "vernichtet" und letztendlich beschlossen Kym und Sky, die Nacht noch in ihren Schiffen zu verbringen um Shantala nicht in ihrer Ruhe zu stören.  Das Rufzeichen der Funkverbindung summte wie mindestens zwei aufgeregte Bienenkörbe. Außerdem schrillte gleichzeitig noch der Deckalarm der SALLY. Kym drehte sich ausgesprochen unwillig auf die andere Seite. "Wassislos?" und dann, etwas wacher:

"Stellen Sie durch, Miss  Moneypenny. welcher Wahnsinnige stört mich in aller Frühe?" "Rat mal!" - "Ach du Schande. War ja klar. Nennt sich auch noch wohlmeinende Partnerin. Was schmeißt Dich in so unzivilisierter Stunde aus dem Bett? Sonst bist Du doch die Müdigkeit in Person." 

"Hast Du schon mal auf die Uhr gesehen?" "Öfters." 

"Heute, meine ich. Es ist weit nach Mittag, Shantala ist von ihrer  Patroille zurück, und wir sollten allmählich umziehen." 

"Mit anderen Worten, ich soll mich anziehen." "Richtig."  

Brummelnd erhob sich Kym und stellte als erstes die Stereoanlage der SALLY an.  Längere Zeit später tauchten die beiden Findlinge, wie man sie am Abend vorher trotz ihres Protestes, sie hätten die Gaga entdeckt und nicht umgekehrt, getauft hatte, mit Kartons beladen in Shantalas Kabine auf. Nach einer gejapsten Begrüßung stellten sie ihre Last ab. "Nett. Und sogar ein bißchen mehr Platz für jeden als auf der SALLY  oder der HAWKE." stellte Sky fest. "Ich habe alles." "Nee, ich noch nicht. Meine Anlage muß auch noch 'rüber." drohte Kym. 

"Ach Gott, dann kriegen die Leute in diesem Korridor aber gar keinen Schlaf mehr." "Halb so wild," erklärte Shantala, "Die Kabinen sind gut isoliert, und ich beschwere mich bestimmt nicht, wenn die Musik gut ist." Das erleichterte sogar Sky. "Fein, dann kann ich ja auch aufhören, so  zu tun, als ob es mich stört. Kym hat ja doch einen ziemlich hörbaren Geschmack." 

Kym verschwand und knallte unabsichtlich die Tür hinter sich zu. "Aha, sie führt den zukünftigen Geräuschpegel schon mal ein."  

 

 

. . . FORTSETZUNG FOLGT! . . .

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